Samstag, 27. Juni 2015

Demokratie der „Wölfe und Schafe“



„Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über ihre nächste Mahlzeit abstimmen“, so sehen manche Kritiker die Demokratie. Wenn eine Demokratie wirklich nur darin bestünde, dass eine Mehrheit ihre Entscheidungen der Minderheit aufzwingt, dann wäre der zitierte Satz wahr. Aber eine moderne Demokratie definiert sich mehr durch die Gleichberechtigung aller Bürger und die Anerkennung individueller und politischer Freiheiten, als durch die „Herrschaft der Mehrheit“. Ein System, das durch Parlamentarismus gekennzeichnet ist, aber ein beschränktes Verständnis von Freiheit und Grundrechten aufweist, kann schwerlich als eine moderne Demokratie bezeichnet werden.

Indien wird zum Beispiel oft eines der demokratischsten Länder genannt, da dort die Zahl der Parteien, die sich an den Wahlen beteiligen und im Parlament vertreten sind, sehr hoch ist. Kann man aber ein Land, in dem die Frauen stark unterdrückt werden, zu den modernen Demokratien zählen? Kann man ein System, das der „Moral“ und dem „Respekt vor Religion“ eine höhere Stellenwert einräumt, als der Meinungsfreiheit und Kritiker ins Gefängnis schickt, als eine moderne Demokratie bezeichnen?

Marvin Simkin schrieb 1992 in Los Angeles Times: „Demokratie ist nicht Freiheit. Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über ihr nächstes Mittagessen abstimmen. Freiheit kommt mit der Anerkennung von bestimmten Rechten, die nicht beraubt werden dürfen, nicht mal durch ein 99%-iges Votum dagegen“. Und Larry Flynt sagte: „Die Herrschaft der Mehrheit kann nur funktionieren, wenn man die individuellen Rechte berücksichtigt. Man kann nicht fünf Wölfe und ein Schaf darüber abstimmen lassen, was sie gerne zum Abendessen hätten.“ Diese zwei Aussagen widerspiegeln den Kern moderner Demokratien.


Januar 2013

 .

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