Die Karriere
eines Politikers oder Staatsvertreters endet unweigerlich, wenn es herauskommt,
dass er eine Sex-Affäre hat. Dies scheint so selbstverständlich, dass keiner
sich darum bemüht, den Rücktritt bzw. die Versetzung o.Ä. zu begründen.
Staatsvertreter haben so zu leben, wie es die Öffentlichkeit von ihnen
erwartet. Sie sollen in einer festen Beziehung sein, dürfen ihre Lebenspartner
nicht so oft wechseln und keine Sex- oder Liebesaffären haben. Das Paradoxe
besteht darin, dass in den westlichen Kulturen gleichzeitig Werte wie
individuelle Freiheit und individuelle Emanzipation hochgeschätzt werden.
Man könnte
sagen, die Öffentlichkeit besitzt gegenüber Politikern Doppelmoral. Es gibt
nicht viele Menschen in unserer Gesellschaft, die es „skandalös“ finden, wenn
eine Ehe geschieden wird, wenn jemand zum wiederholten Mal den Partner wechselt
oder wenn jemand, der in keiner festen Beziehung ist, One-Night-Stands hat. Bei
Staatsvertretern aber sind alle diese Geschehnisse unerwünscht. Man erwartet
von ihnen, bis zu ihrem Tod in einer festen Beziehung auszuharren und ihre
Bedürfnisse und Wünsche bezüglich ihres Liebes- oder Sexuallebens zu
unterdrücken.
Verheiratete
Staatsvertreter, die eine Sex-Affäre haben, werden prompt als Sexmonster
abgestempelt. An näheren Umständen des Vorfalls ist keiner interessiert. Das
Urteil fällt, ohne Genaues über die Beziehung der Ehepartner und über die
Sex-Affäre zu wissen. Handelt es sich bei der angeblichen „Seitensprung“ um
„Betrug“ oder war der Partner darüber informiert und sogar damit einverstanden?
Wurde der Partner oder die dritte Person von dem „Beschuldigten“ in irgendeiner
Weise ausgenutzt oder gar ausgebeutet? Führen die Eheleute eine gesunde
Beziehung? Wie stehen sie überhaupt zueinander? Und viele weitere Fragen, die
beim Fällen eines Urteils bei einer solchen Begebenheit wichtig sind und an den
keiner interessiert ist.
Auch die Medien
zeigen sich in solchen Fällen wenig informationsbegierig und schüren mit ihren
Beiträgen die negativen Emotionen der Öffentlichkeit gegenüber der betreffenden
Person. Ein deutliches Beispiel hierfür liefert die wegen der Petraeus-Affäre
auf msn.de erschienene Bildergalerie. In ihr werden
Leute wie Petraeus und Bill Clinton in einem Zug mit Vergewaltigern und
Kinderschändern wie Berlusconi und Moshe Katzav genannt und pauschal der
„Untreue“ und Zügellosigkeit beschuldigt.
Es scheint, der
Geist der Aufklärung ist noch vielen fremd.
PS: In meinen
Notizen wende ich oft die männliche Form auf alle Personen an, weil mir das „Gendern“ sehr schwer
fällt und dadurch meine Notizen noch weniger fließend wirken.
November 2012
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