Samstag, 20. Juni 2015

Vorsicht: Religion! Lachen verboten!



Eigentlich ist Religion ein Glaube wie jeder andere. Der eine glaubt an Gott, der andere an UFOs. Die eine glaubt an Jesus, der andere an Sex-Gurus. Es gibt sogar Leute, die an die CDU oder FDP glauben! Oder an Marx und Slavoj Žižek! Sich über den Glauben und die Weltsicht anderer lustig zu machen, ist seit eh und je ein Mittel zum Ausdruck von Kritik. Im Großen und Ganzen wird diese Art von Kritikäußerung in den modernen Gesellschaften toleriert. Probleme gibt es nur, wenn es sich dabei um Religionen handelt. 

Die heftigen Reaktionen, die durch Spott über Religionen ausgelöst werden, sind darauf zurückzuführen, dass viele religiöse Menschen noch immer eine fanatische Einstellung gegenüber der Religion haben. Sie sehen die Religion als etwas Heiliges, das über alles anderem steht. So erwarten sie von allen, die Religion immer mit Respekt zu behandeln. Vieles, was bei der Kritikäußerung erlaubt ist, gehört für sie verboten, wenn die Religion ins Spiel kommt. Diese Haltung gegenüber Kritik an eigenem Glauben wird von allen Fanatikern geteilt. Für radikale Marxisten ist Marx das, was Mohammed für konservative Muslime ist. Für radikale englische Monarchisten ist Königin Elisabeth II wie Jesus für fanatische Christen.

Fanatiker können zwischen ihrer Person und ihrem Glauben nicht unterscheiden. Dies bewirkt, dass sie den Spott über ihren Glauben persönlich nehmen und sich persönlich beleidigt und angegriffen fühlen. Dabei verbirgt sich ein großer Unterschied zwischen Spott über einen Glauben, eine Weltsicht oder eine Lebenseinstellung und Spott über Menschen, die diese teilen. Zu behaupten, Religion sei dumm oder scheußlich, ist nicht dasselbe, wie zu behaupten, religiöse Menschen seien dumm oder scheußlich.

Beim Spotten über die Religion geschieht nichts anderes als beim Spotten über eine politische Partei oder Überzeugung. Schließlich behauptet auch kein CDU- oder SPD-Mitglied, es fühle sich persönlich durch einen Kabarettisten angegriffen, weil dieser seine Partei in Frage gestellt hat. Soviel Toleranz sollte man auch imstande sein zu zeigen, wenn die eigene Religion zum Gegenstand des Spotts wird. Toleranz bedeutet nicht, Verständnis für menschenverachtende Praxen anderer Religionen und Kulturen aufzubringen, sondern sie drückt sich vor allem in Kritikfähigkeit aus.


Mai 2012

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