Eigentlich ist
Religion ein Glaube wie jeder andere. Der eine glaubt an Gott, der andere an
UFOs. Die eine glaubt an Jesus, der andere an Sex-Gurus. Es gibt sogar Leute,
die an die CDU oder FDP glauben! Oder an Marx und Slavoj Žižek! Sich über den
Glauben und die Weltsicht anderer lustig zu machen, ist seit eh und je ein
Mittel zum Ausdruck von Kritik. Im Großen und Ganzen wird diese Art von
Kritikäußerung in den modernen Gesellschaften toleriert. Probleme gibt es nur,
wenn es sich dabei um Religionen handelt.
Die heftigen
Reaktionen, die durch Spott über Religionen ausgelöst werden, sind darauf
zurückzuführen, dass viele religiöse Menschen noch immer eine fanatische
Einstellung gegenüber der Religion haben. Sie sehen die Religion als etwas
Heiliges, das über alles anderem steht. So erwarten sie von allen, die Religion
immer mit Respekt zu behandeln. Vieles, was bei der Kritikäußerung erlaubt ist,
gehört für sie verboten, wenn die Religion ins Spiel kommt. Diese Haltung
gegenüber Kritik an eigenem Glauben wird von allen Fanatikern geteilt. Für
radikale Marxisten ist Marx das, was Mohammed für konservative Muslime ist. Für
radikale englische Monarchisten ist Königin Elisabeth II wie Jesus für
fanatische Christen.
Fanatiker
können zwischen ihrer Person und ihrem Glauben nicht unterscheiden. Dies
bewirkt, dass sie den Spott über ihren Glauben persönlich nehmen und sich
persönlich beleidigt und angegriffen fühlen. Dabei verbirgt sich ein großer
Unterschied zwischen Spott über einen Glauben, eine Weltsicht oder eine
Lebenseinstellung und Spott über Menschen, die diese teilen. Zu behaupten,
Religion sei dumm oder scheußlich, ist nicht dasselbe, wie zu behaupten,
religiöse Menschen seien dumm oder scheußlich.
Beim Spotten
über die Religion geschieht nichts anderes als beim Spotten über eine
politische Partei oder Überzeugung. Schließlich behauptet auch kein CDU- oder
SPD-Mitglied, es fühle sich persönlich durch einen Kabarettisten angegriffen,
weil dieser seine Partei in Frage gestellt hat. Soviel Toleranz sollte man auch
imstande sein zu zeigen, wenn die eigene Religion zum Gegenstand des Spotts
wird. Toleranz bedeutet nicht, Verständnis für menschenverachtende Praxen
anderer Religionen und Kulturen aufzubringen, sondern sie drückt sich vor allem
in Kritikfähigkeit aus.
Mai 2012
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