Samstag, 11. Juli 2015

Andrej Kurkow und die Wiederentdeckung des „Kommunismus“



Von den Romanautoren, die ich kenne, war Kurkow der erste, der schreckliche Realitäten distanziert, spannend, temporeich und mit viel menschlichem Humor wiedergab. Mittlerweile hat seine Art des Schreibens Schule gemacht und es gibt ziemlich viele Autoren, deren Werke Kurkows Romanen ähneln. Was Kurkow aber immer noch von den meisten Autoren unterscheidet, ist seine Fähigkeit, trotz seiner Distanziertheit viel Mitgefühl für den Menschen zu zeigen.

In seinen ersteren Werken wie Picknick auf dem Eis (1996), Petrowitsch (1997) oder Pinguine frieren nicht (2003) herrschte eine gedämpfte Atmosphäre. Mit Die letzte Liebe des Präsidenten (2004) wurde die Atmosphäre seiner Romanen fröhlicher. In Der Milchmann in der Nacht (2007) kommt erstmalig auch Hoffnung zum Vorschein. Leider ist diese Stimmungswende nicht mit positiven Veränderungen im Kurkows Leben verbunden, sondern beruht auf seiner Wiederentdeckung des „Kommunismus“ und seiner Hoffnung auf die Neu-Errichtung des „kommunistischen“ Systems.

In Der wahrhaftige Volkskontrolleur (2007) sympathisiert er ziemlich stark mit dem Sowjet-Regime und macht korrupte Menschen für die Verbrechen des „kommunistischen“ Systems verantwortlich. In Der Gärtner von Otschakow (2010) ebenso:  Er solidarisiert sich mit der Sowjet-Herrschern und leugnet politische Verfolgung und politische Hinrichtungen während der Sowjet-Zeit und stellt es so dar, als ob in jener Zeit nur Kriminelle Verfolgungen und Hinrichtungen ausgesetzt waren.

Kurkows Erfolg beruhte vor allem darauf, dass er versuchte, sich wie Dostojevski in die Lage aller Menschen zu versetzen und für ihre Schwächen und Fehler Verständnis zu zeigen. Seine größte Leistung bestand darin, dass er zurecht zeigte, wie bestimmte Situationen die Menschen zu bestimmten Handlungen verführen und sie beeinflussen. Mit der Wiederentdeckung seiner Liebe zum „Kommunismus“ hat er gleichzeitig seine Liebe zu den Menschen und sein Vertrauen zu ihnen verloren. Ob die Leser auch seinen neueren Werken Liebe und Vertrauen schenken können, ist sehr fraglich.


Januar 2014
 .

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