Sonntag, 5. Juli 2015

Wer ist schuld an der Integrationskrise?



Damit die Integration von Ausländern oder Personen mit Migrationshintergrund in westlichen Gesellschaften gelingt, wurde bisher einiges versucht. Dabei sind viele Erfolge zu verzeichnen. Trotzdem sind viele Menschen mit dem Ergebnis nicht zufrieden und treten für eine wirksamere Integrationspolitik ein. Bei der Debatte darüber sind oft aggressive Töne zu erkennen und die Diskussion beschränkt sich nicht selten auf die Suche nach den „Schuldigen“: Wer ist schuld daran, dass immer mehr junge Musliminnen Kopftuch tragen und immer mehr junge Muslime sich für eine strengere Version des Islam entscheiden? Wer ist dafür verantwortlich, dass ein Großteil der Ausländer oder Personen mit Migrationshintergrund die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht? Wer hat dazu beigetragen, dass viele Ausländer oder ausländisch-stämmige Personen in Ghettos leben? Usw. usf.

Die Antwort – glaube ich zumindest – ist hierbei ziemlich einfach. Wenn Personen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen auf einander treffen, gibt es oft Kommunikations- und Verständigungsprobleme. Sogar ein „falsches“ Zeichen kann eine „Beziehung“ in den Ruin treiben. Ein Beispiel dafür ist das Zeigen des Daumens, was in vielen Ländern ein Zeichen für „super“ und „viel Erfolg“ ist, unter Iranern aber mit dem Zeigen des Mittelfingers gleichzusetzen ist. Dies ist nur ein Beispiel – vielleicht kein gelungenes, da dieser Unterschied einem Iraner nach ein paar Tagen Aufenthalt in betreffenden Ländern klar wird. Es gibt sicherlich viele andere Zeichen (darunter auch Blickarten), die von unterschiedlichen Kulturkreisen anders interpretiert werden.

Je unterschiedlicher zwei Kulturkreise sind, desto größer werden die Probleme bei ihrer gegenseitigen Verständigung. Die kulturellen Unterschiede gehen selbstverständlich weit über das genannte Beispiel der Körpersprache hinaus. Kommunikationsprobleme führen – wie in jeder Beziehung – oft dazu, dass die beteiligten Personen sich von einander distanzieren. So einfach entstehen Ghettos. Nicht nur weil die „Gastgeber“ lieber unter Menschen aus ihrem eigenen Kulturkreis wohnen (und leben) wollen, sondern auch weil die „Migranten“ lieber Leute aus ihrem eigenen Kulturkreis um sich haben wollen. So geraten beide Gruppen in eine Zwickmühle, die das Verständigungsproblem verstärkt. Menschen, die in Ghettos ihre eigene „Festung“ errichtet haben, greifen immer mehr nach ihren „Wurzeln“ und verlieren zunehmend die Bereitschaft zur Integration. Kinder, die in Ghettos aufwachsen, haben wenig Kontakt mit der Gastgebergesellschaft und können so die Selbstverwirklichungschancen, die das Gastgeberland ihnen bietet, nicht nutzen. Aus dieser Tatsache werden dann falsche Schlussfolgerungen gezogen: „Migranten“ werden allesamt als Opfer des Gastgeberlandes dargestellt, das angeblich ihnen jegliche Aufstiegschance verweigert und sie nur ausbeutet. Dieser Zustand wird bewusst von kriminellen Banden, Islamisten und anderen radikalen Kräften ausgenutzt.

Auch wenn hier die Antwort auf die „Schuldfrage“ einfach klingt, ist die Lösung des Problems nicht so leicht. Hierbei lenkt die Suche nach den „Schuldigen“ nur vom Thema ab. War zuerst das Huhn da oder das Ei? Das ist hier nicht die Frage.


August 2013
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